21. Oktober 2019

Schrei nach Stille #2

Nach einer sehr aufschlussreichen, spannenden und leer(!)reichen Probenzeit, bei der die Mitglieder des Platypusensemble von so unglaublicher Eleganz in ihrer Konzentration waren, dass ich mich entschlossen habe, die Elektronik ganz zu streichen und den wunderbaren SolistInnen ganz das Wort zu überlassen.







  




Wir glauben, uns mit immer zugespitzteren und schärfer polemisierenden Mitteln Gehör verschaffen zu können. Oder zumindest die Konsumwelt, Politik, aber auch weite Teile der Kunstgemeinde glauben das. Ein unglaublicher Schwall „Weissen  Rauschens“ sich selbst in die bedeutungslose, täglich mehr verwelkenden Propaganda katapultierend. 

















Der immer manifester werdenden Beschädigung des Zu-Hörens setzt der „Schrei nach Stille“ einen radikalen Standpunkt entgegen: extreme Reduktion der Mittel Innehalten, Stille, Reflexion, Warten und Nachhören … mehr hören.




















Schrei nach Stille ist wie ein Pilzmyzel, wie eine Struktur aus unzähligen, stetig wachsenden und wieder zerstört werdenden Pilzfäden die auf feinste Berührung reagiert. die Partitur ist eher ein bizzares Tier, das sich unter den Fingern der Musikerinnen dreht und windet, als ein präzis kontrollierbarer Mechanismus einer herkömmlich geschriebenen Partitur, was immer „herkömmlich“ in unserem Kontext heissen mag.
 
















Edgar Varèse forderte schon 1916 im New Yorker Morning Telegraph die Emanzipation des Geräusches nicht als Herabsetzung der Musik zu verstehen, sondern als Sehnsucht, „unser musikalisches Alphabet zu erweitern“. Das Geräusch emanzipierte sich und wurde neben dem Klang, dem Ton und der Stille zu einem gleichberechtigten Kompositionsmaterial.


Nachdem Edgar Varèse vor fast hundert Jahren das Geräusch in den musikalischen Kanon eingeführt hat, als Sehnsucht, unser musikalisches Alphabet zu erweitern, ist hundert Jahre später, nach einer rasanten Entwicklung der elektronischen Musik, die uns im 3. Jahrtausend die komplette Rezeptur der Alchemie in der Musik zur verführerischen Verfügung stellt, die Dringlichkeit, vor allem Stille als gleichberechtigtes Kompositionsmittel einzusetzen, „unüberhörbar“.






 
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