12. Dezember 2012

"Wir stoßen beim Umgraben auf unsere Erinnerungen"


An der Partitur zu "IN SICH(T)" wird fleissig gearbeitet: 




















Graphische Teile ergänzen den großen technischen Abschnitt, in dem festgelegt wird, wie eine 7-Kanal Installation Klangbewegungen quer durch den Kirchenraum am Zentralfriedhof spannt, über die vor-komponierte Motive im Raum erklingen, die, von der jeweiligen Aktivität abhängig, von digitalen und analogen live elektronischen Komponiersystemen weitergesponnen, abgelenkt, „umgefärbt“ werden.



11. Dezember 2012

Sprach-Raum-Klang-Spiel

Vorfreude auf April 2013:
"in sich(t)"
eine Performance / Installation in der Luegerkirche am Zentralfriedhof























Den ursprünglichen Plan, dort mein neues Stück "die verbleibende zeit" für orgel(n) plus ... aus der Taufe zu heben, habe ich nach einem Messbesuch im August schnell wieder verworfen: Eine unterdimensionierte Orgel, ein Kuppelgewölbe, das fast den ganzen Raum überdacht und glatter Stein, der die gerichteten Reflexionen gleich wieder nur einfach reflektiert, aber mit einer Hallfahne im gefühlten Minutenbereich – schlechtere akustische Voraussetzungen gibt es kaum. Während der Predigt aber, die auf Grund der beschriebenen Raumakustik verbal nicht verständlich, jedoch durch die einander überlappenden Silben und im Raum herumschwebenden Satzfetzen bei mir ein eigenes Meditations- und Zuhörmuster ausgelöst haben, bewegten sich plötzlich kontrapunktisch zu des Monsignore Stimme meine eigenen fiktiven Sprecher und Sprecherinnen, die ein einziges Motiv hatten.

Dazu kommt der Traum, dass die Kirche selbst mittels zweier Schlagwerker zum klingenden Instrument wird, quasi ein Riesenflügel, in dessen eindeutig gefärbten Korpus hineingesprochen und auf dem gleichzeitig gespielt wird!



29. März 2012

"Wahrheiten ereignen sich von selbst"

Aufgefordert, einen Artikel über Wolf Vostell's Musik zu schreiben, muss ich erst einmal meine völlige Unkenntnis darüber eingestehen. Genau das ist der Punkt, entgegnet mein Gegenüber, niemand oder fast niemand kennt sie … und drückt mir 2 CD's in die Hand. Meine Voreingenommenheit und Arroganz des Spätgeborenen gegenüber Fluxus und Konsorten schmilzt wie Schnee in der Sommersonne, als ich wenig später "LE CRI" lausche, Fluxus-Concert vom 31/10/90, gegeben zu Berlin! Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich bin ein großer Bewunderer von Nam Jun Paik und seiner musikalischen Geniestreiche … "action with violin on a string" bis hin zum "Solo for Violin", wo die hocherhobene Monstranz der Klassik... aber sehen Sie selbst. Ein Muss für jeden reflektierenden, "klassisch" ausgebildeten Komponisten. Aber eben. Die Gestik, die Inszenierung, die dramatischen (oder gar nicht so..) Wendungen, das Theater, der Hohlspiegel (wie immer das jetzt verstanden wird), all das steht hier im Vordergrund. Musik wird aus einem ganz anderen Blickwinkel beleuchtet, aber eben nur.











Und plötzlich sind da Klänge, die einen Hinhorchsog provozieren, ist da ungemein konzentrierte, bis auf die Knochen entkleidete, enorm spannende Musik.
Die Aus-Einandersetzung (im Hinblick auf Vostell, dem "Décollagisten", ein wohl mehr als passender Ausdruck – mehr davon ein andermal) hat erst begonnen … 

14. März 2012

Obi-Gong

Impressionen aus dem ELEKTRO GÖNNER vom 4. März


Photos: Sophie Kim


























… und so klingt er, im kräftigenden Granular- und Spektralbad live in seiner Strahlkraft gestärkt …

 Obi-Gong 1:20 (Intro "Buddha cannot sit quietly anymore") by Bruno Liberda 



29. Februar 2012

Buddha's Helfer

das Setup für Sonntag formiert sich ...


23. Februar 2012

Buddha cannot sit quietly anymore (1)

für Stimme, Obi-Gong und live electronics

Uraufführung am 4. März im Elektro Gönner ab 21h, Mariahilferstrasse 101 / 1060 Wien.
Für mich eine Novität, da ich in diesem Stück zum ersten Mal eine genaue Auswahl meiner analogen Elektro-Module mit der digitalen Domaine vermenge und die Kommunikation zwischen diesen beiden Welten noch durch Stimme und Obi-Gong angereichert werden wird.

Warum?

Resonanzphänomene, Selbstoszillation, übersteuerte Filter, die uns je nachdem in Abgründe oder in den Siebten Klanghimmel schleudern, sind im digitalen Bereich schwer bis gar nicht herstellbar. Andrerseits hält der Computer das Cockpit zur (intuitiven) Kontrolle für so einen Überschallflug bereit. Also ein ideales Match: Es gibt keine Klang erzeugenden Quellen im analogen Bereich, sondern nur eine raunende Spekulation, was passiert, wenn gewisse Feedbackschleifen über verschlungene Wege kurzgeschlossen und von genau gezirkelten Steuerspannungen aus dem Computer domptiert werden sollen.


Aus der in den letzten Tagen rapide gealterten Schaltskizze geht hervor, dass sich das meiste um ein Resonanzfilter dreht, dessen Eingang von einem AnalogDelay gefüttert wird, selbiges aber erst einmal Material zum delayen benötigt und daher vom Eingang des eben vorhin erwähnten Resonanzfilters  gespeist wird. Damit der Reigen sich nicht so einfach kurzschließt, wird ins Feedback des Delays noch das selbsteigene Signal gesteckt, nachdem es zwischendurch in einem anderen Modul durch Schärfung seiner Kanten, Verlust von ein paar Bits und schwankende Samplingraten einiges mitgemacht hat. Das wiederum hat interessante Auswirkungen auf den Eingang des Resonanzfilters und so setzt sich ein Reigen in Gang, dessen Tanz zu immer neuen Schwingungen führt, dessen Farbbänder mehr oder weniger meinen Zügeln gehorchen.

Buddha sitzt auf einem Pulverfass …

Ausschnitt aus der Partitur




18. Februar 2012

Wee Have Also Sound-Houses

"Wir besitzen Häuser für Akustik, in denen wir die Töne und ihre Entstehung erforschen und vorführen. Unsere Harmonien sind anders als die eurigen. Wir verwenden auch Vierteltöne und noch geringere Tonverschiebungen. Unseren Musikinstrumenten, die ihr noch nicht kennt, entlocken wir Melodien von höchstem Wohlklang, die euch unbekannt sind. … Wir können auch den Schall nach verschiedenen merkwürdigen Verfahren zum Widerhall bringen (eine Erscheinung, die euch unter dem Namen Echo bekannt ist), wobei aber die Töne nicht nur wiederholt zurückgeworfen, sondern auch nach Belieben verstärkt oder geschwächt werden können; die artikulierte Stimme läßt sich dabei auch in einer anderen Klangfarbe wiedergeben. Endlich sind wir auch imstande, die Töne durch gerade oder gekrümmte Rohre auf weite Entfernungen auch in nicht gerader Richtung weiterzuleiten."

Dieser erstaunliche Text wurde 1624 vom Philosophen Francis Bacon in seinem Buch "Neu-Atlantis" geschrieben und war offensichtlich eine wichtige Inspiration für Daphne Oram (1925 - 2003), die dieses Zitat immer an ihrer Studiowand hängen hatte und über 15 sowohl hand- als auch maschingeschriebene Kopien davon im Laufe ihres Lebens angefertigt hat.

Als 7-jähriges Mädchen träumt sie davon, Klang mittels gezeichneten Linien und Mustern zu realisieren, um 1957 tatsächlich eine Maschine mit genau diesen Kapazitäten zu bauen:
Oramics Machine  (Sound on Sound schreibt ausführlich darüber)

copyright of the Daphne Oram Trust















Als sie versucht, die BBC von ihren neuen Methoden zu überzeugen, wird sie von einem leitenden Toningenieur mit den Worten: Die BBC beschäftigt 100 Musiker, um alle Klänge zu produzieren, die wir brauchen - abgeschasselt. Um wenig später erste Direktorin des BBC Radiophonic Workshops zu werden.

Diese Methode der graphischen Auf-Zeichnung vor einer akustischen Realisierung blieb nicht unwidersprochen: Eine andere britische Komponistin, Delia Derbyshire, stellte fest, dass sie das Ohr für das geeignetere Organ hielt, um über Klänge zu urteilen und eher auf mathematische, denn auf visuelle Parameter zurückgreifen würde.

…My attitude was that the ear is a better judge of what it hears than the eye can be in constructing a sound…I personally wouldn’t approach making a sound from any visual parameters, I’d rather do it from mathematical parameters and then rely on the ear to change it.


Sie zeigt übrigens in einem BBC Interview ihre ganz anders geartete Art und Weise, Klänge herzustellen.

15. Februar 2012

Das ideale Instrument?

Derweil sich Michel Chion in seinem Buch "Die Kunst fixierter Klänge – oder die Musique Concrètement" auf genau diese fixiert, möchte ich ein paar seiner grundlegenden Aussagen um einen Dreh erweitern, um die Hinweise im letzten Posting noch besser zu beleuchten:
"… dass die Technik der Musique concrète (ich füge hinzu: der gesamten elektronischen Musik) nicht ihre Technologie ist. Anders gesagt, eine Reihe von selbst offenen und ständig verbesserten Apparaten genügt nicht, um eine Technik zu definieren, so wie die Technik eines Malers sich nicht auf den Katalog der von ihm verwendeten Pinsel, Pigmente und Trägermedien reduzieren lässt, sondern einer bestimmten, ihm eigenen Art und Weise, sie zu verwenden … , entspricht."












"… dass die Wahl der … zu verwendenden Apparate nicht mit akademischen Kriterien zusammenhängt und dass es keine idealen Apparate an sich gibt.  …  Dieses Trugbild eines einzigen Apparates, der auf magische Weise allen Anforderungen entspricht, soll offensichtlich bei den Komponisten dem Fehlen einer klaren Konzeption ihres Projektes abhelfen: sie zählen auf die Einmaligkeit der Quelle, um die Kohärenz des Ergebnisses zu garantieren."

"Das Wesentliche bleibt in jedem Fall der Endklang, und im Prozess seiner Schöpfung die mechanischen Etappen und die elektronischen Etappen auszumachen, ist allenfalls von anekdotischem Interesse und sagt voer allem nichts über die musikalische und technische Bewertung des Ergebnisses.
Formulieren wir unsere Idee anders: so wie der Film eine durch Maschinen ermöglichte Kunst ist, und keine mechanische Kunst, so ist die Musik fixierter Klänge (ich füge abermals hinzu: alle elektronische Musik) keine Musik von Maschinen, sondern eine Musik, die durch Maschinen ermöglicht wird."

Letztere Hinzufügung meinerseits verletzt natürlich die grundlegende Idee des Buches, bietet sich jedoch als großzügige Erweiterung an, um einem generellen Verständnis durch diese wunderbare Analogie auf die Beine zu helfen.

Alle Zitate aus: Michel Chion "Die Kunst der fixierten Klänge – oder die Musique Concrètement" übersetzt von Ronald Vouillé, Merve Verlag Berlin

8. Februar 2012

Instrumentenbau – anders

Eigentlich wollte ich nur auf eine Szenerie von Leuten aufmerksam machen, die sich sogar noch abseits der raren Spezialisten im Synthesizerbau, oft auch nur EinMann/Frau-Firmen, einem besonderen Thema widmen: Aus "Wegzuwerfendem" oder "Nicht-Mehr-Brauchbarem" in einer sehr eigenwilligen Ästhetik schöne Instrumente zu bauen, meist Unikate, die dann auch spezielle Musik hervorbringen.

Was da unter dem Stichwort "Gesamtkunstwerk" passiert, hat eine lange Tradition im Instrumentenbau, die bei Harry Partch im vorigen Jahrhundert sicherlich einen Höhepunkt erreicht: Aus der Notwendigkeit heraus, ein neues Tonsystem zu realisieren, baut Harry Partch zuerst die bekannten traditionellen Instrumente um. Je weiter er aber im Neuland vorankommt, desto genauere Anforderungen stellt er an sein neues Instrumentarium und entwirft auch die äussere Form und die Namen seiner Instrumente ganz genau, weil er ein Gesamterscheinungsbild aus Hören und Sehen kreieren will.
Quadrangularus Reversum    Foto von Seth Tisue



















Hier kann man die Instrumente sogar selbst am Computer ausprobieren!

Der Bau von Musikinstrumenten ist eine der anspruchvollsten, ausgeklügelsten, differenziertesten Technologien, die wir Menschen überhaupt entwickelt haben. Oft unpassende Kombination von Materialien (Holz, Metallsaiten etc.) ergeben Instrumente, die  in ihren einzelnen Bestandteilen hochentwickelte Komponenten einer komplexen Struktur waren. Instrumentenbau war immer am Limit der jeweils möglichen Technologie und wurde immer im Zusammenhang mit der oder vielmehr für die Erschließung von neuen Tonsystemen, Klangfarben und Spielweisen vorangetrieben.


Welch unsicherer und vom analytischen Wissen kaum begreifbarer Boden dabei oft betreten werden muss, möge dieses Zitat aus Abraham Moles Buch “Informationstheorie und ästhetische Wahrnehmung” (1958) illustrieren:


“Es gibt ein bedeutendes Lehrgebäude zu den Strukturen der musikalischen Nachricht; dies ist die ‘Musiktheorie’, genauer, die Gesamtheit der Sachgebiete, die unter dem Namen Notenlehre, Harmonik, Kontrapunktik, etc. bekannt sind. Es handelt sich hier um eines der wichtigsten Lehrgebäude der Ästhetik überhaupt … Jeder der gewiß zahlreichen Versuche, in diesem Bereich einen wissenschaftlichen Standpunkt einzunehmen, ist bisher gründlich fehlgeschlagen. Das umfangreiche Gebäude scheint auf Sand gebaut,... die dogmatische Grundlagen der Musiktheorie sind im psychologischen Experiment nicht bestätigt worden … Die eigentliche Musikentwicklung scheint sich in Form einer methodischen Verletzung früher anerkannter Regeln zu vollziehen.
Nun bietet sich eine Hypothese an: exotische, primitive, moderne und experimentelle Musik haben nacheinander die klassischen Gesetze ‘mißachtet’, ohne deshalb den WERT der Musik zu zerstören; diese Gesetze waren also nicht die wahren strukturellen Gesetze, ihre Prinzipien nicht die wahren Grundlagen einer Kunst der Zeitmodulation. Es muß andere, geheimere, fundamentalere und auch allgemeinere Gesetze für die ‘Zeitkünste’ geben.”

28. Januar 2012

Schnelle Kurven


Nichts ist langweiliger als immer dasselbe 
oder 
Warum wir in der Musik Hüllkurven brauchen

Jeder Klang beginnt (selbst der bis heute als Hintergrundrauschen im Weltall hörbare Urknall hat angeblich vor 13,7 Milliarden Jahren begonnen) – jeder Klang endet, klingt aus. Ein Klavierton, eine gezupfte Cellosaite, ein langsam an- und abschwellender Trompetenton, punkthaft knatterndes Hundebellen, rollender Donner, zerberstendes Glas … alle diese Klänge haben ganz offensichtlich einen unterschiedlichen Beginn und enden auch in einer anderen Art und Weise.

Verwenden wir nun statt mechanischer Instrumente Strom zur Erzeugung von Tönen …
A propos Elektrizität: In einem Artikel der Zeitschrift für Instrumentenbau des Jahres 1887 heißt es: ... Jedenfalls dürfen wir daran festhalten, daß die freie Erzeugung des Klanges durch die Elektrizität ermöglicht erscheint...
… gibt es ein Instrument, dass darauf spezialisiert ist, diesen Umstand des unterschiedlichen Ein- und Ausschwingens von Klängen nicht nur zu reproduzieren, sondern sogar neu zu modellieren:
den Hüllkurvengenerator




Der Erfinder dieser Komponente (hier wahrscheinlich der Moment des Geistesblitzes), der aus Russland emigrierte Komponist Vladimir Ussachevsky, hat 1965 Robert Moog diese Idee zur Verbesserung des Modulsystems vorgeschlagen.




Von einfachen Modulen, die nur den Beginn eines Klanges beeinflussen können bis hin zu komplexen, im Computer gezeichneten Hüllkurven gibt es eine große Variationsbreite.



17. Januar 2012

4/17 HAIKU

draussen schneit es (in Wien), da erinnere ich mich …
4/17 Haiku
 viersiebzehntel Haiku by Bruno Liberda 

13. Januar 2012

Der kurze Weg vom Denken zum Klingen


"Wir sehen, daß in dem Maße, als in der organischen Welt die Reflexion dunkler und schwächer wird, die Grazie darin immer strahlender und herrschender hervortritt. Doch so wie das Bild des Hohlspiegels, nachdem es sich in das Unendliche entfernt hat, plötzlich wieder dicht vor uns tritt: so findet sich auch, wenn die Erkenntnis gleichsam durch ein Unendliches gegangen ist, die Grazie wieder ein.

Denn Ziererei erscheint, wie Sie wissen, wenn sich die Seele in irgendeinem anderen Punkt befindet, als in dem Schwerpunkt der Bewegung.
Missgriffe sind unvermeidlich, seitdem wir vom Baum der Erkenntnis gegessen haben. Doch das Paradies ist verriegelt und der Cherub hinter uns; wir müssen die Reise um die Welt machen und sehen, ob es vielleicht von hinten irgendwo wieder offen ist."













Mit der Ineinssetzung von Klang und Virtualität durch die dezentralisierte Effizienz von Netzwerken reaktiver (interaktiver) Kontrollen welcher Art auch immer – seien sie Wind, Licht, Bewegung (ist das Vorbeigehen von Menschen natürliche oder künstliche Bewegung?), geübte Finger, Stimmbänder, Rechenalgorithmen („Ameisenaktivität“) ist die Musik zum Punkt der creatio ex nihilo gelangt. Diese Schöpfung aus dem Nichts wird zum Akt der Autogenese, der Selbstzeugung als vielleicht verzweifelter Versuch des Kleistschen Durchgangs durch das Unendliche.

Um zu klingen – per sonare: Person; vielleicht „Fuß fassen“ im heutigen Sinn, das über das zweifache Anknüpfen funktioniert  – die äusseren Bedingungen und die innere Sehnsucht (oder besser: die innere Schau!)

Vom Denken zum Klingen: Natürlich ist die Zahl in der Musik von grundlegender Bedeutung (oder: Die Zahl ist die Natur der Musik!). Die tote Mathematik der seriellen Musik erwacht mit heutiger Technologie zu neuen gestischen Möglichkeiten – die strenge Beziehung aller Parameter weitet sich auf den musikalischen Raum aus und wird mit ins formale Denken genommen, um so zu neuen Freiheiten zu gelangen.

Sowie “Melodie” oder “Klangfarbe” verschiedene Schrift-Bilder brauchen, entwerfe ich für jedes Stück das formale Gesamte und führe den Klang – die Musik – das „Werk“ in ihre ureigensten „Spiel-Räume“ (die Kategorie der „Klanginstallation“ eigentlich nicht tangierend, wenn sich´s auch äußerlich als solche darstellt). Einerseits detailversessen in tausendstel Sekunden kalkuliert und andrerseits im übergeordneten Netzwerk aller aufeinander wirkenden Parameter neue Synapsen, neue Schaltstellen der Spiritualität entwickelnd …

10. Januar 2012

Klangwerkstatt, forts.

"… data, its generation, its acquisition, its transformation …" lese ich heute Früh im Vorwort des neuen Buches über Computermusik von Jeffrey Stolet "… um daraus eine musikalische Reise werden zu lassen …" Das scheint mir die perfekte nüchtern-poetische Zusammenfassung all der Bilder und Worte aus meinem vorhergehenden Posting.

Ein glücklich zugeflogener Augen-Blick, sein Festmachen und Weiterspinnen.

Generieren oder Aquirieren verschwimmen und werden irisierend zum Synonym.

Transformieren: der immer wieder in verschiedene Richtungen losgeschickte Augen-Blick.

Während des Transformationsprozesses werden wie durch einen inneren, geheimnisvollen Magneten immer wieder neue Partikel aus dem noch unbekannten Universum des neuen Stückes in den Strudel der Verarbeitung geschleudert, die langsam ein vollendet marmoriertes (Klang-)Bild ergeben.

Durch das "ins Licht halten" einzelner Datensätze erkenne ich langsam am Schimmern, Glitzern und Leuchten, wer zu wem passen könnte, welche Charakterisik unterstrichen werden will, welche verborgen  bleiben soll, akribische Beurteilung, Zensur, Resonanz, aufbauschen, beschwichtigen … eine neue musikalische Reise hat begonnen.

Jeffrey hat eine wunderbare interaktive Seite für Grundbegriffe der elektronischen Musik.

8. Januar 2012

Klangwerkstatt

meine Werkzeuge zum Komponieren reichen vom Bleistift (kein Foto:-) über verschiedene Hilfsmittel (pseudo)instrumentaler Art als Zulieferer





































… bis hin zu spezieller Computersoftware und einem eigens für Musik gebauten Computer 


Um 1950 unterscheiden wir genau zwischen mit Mikrofonen aufgenommenen, vorher mechanisch erzeugten Klängen ("musique concrète" / Paris), die dann hauptsächlich mit Schnitt und Geschwindigkeitsmanipulation zu "Tape-music"weiterverarbeitet werden und rein elektronisch aus Oszillatoren u.a. hergestellten ("elektronischen Musik" / Köln), in Konsequenz der seriellen Musik genau berechneten Klängen. Es herrscht auch ein philosophischer Dissenz, da die einen überzeugt sind, dass uns die Natur überreich mit den komplexesten Spektren beschenkt, die mittels Technologie nie erreicht werden könnten, die anderen hingegen endlich froh sind, sich mittels Umkehrung der Fourier-Analyse (Zerlegung jedes Klanges in Sinustöne ≠ Synthese jedes beliebigen Klanges aus Sinustönen) eben von der "Natur" befreien zu können.
Natürlich haben beide Methoden Vorteile, sind inzwischen (nicht nur) im Computer zusammengewachsen und vor allem unglaublich verfeinert worden. Neue Mikrofon- und Aufnahmetechniken erlauben uns, Spektren von Schallereignissen minutiös einzufangen und darzustellen. Neueste Computerprogramme ermöglichen dann, diese Matrizen als Ausgangsmaterial zu raffiniertem Komponieren zu verwenden.